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Saarländisches Burgensymposion am 31. März 2007

 

Gestern morgen in der Früh machte ich mich zusammen mit Werner Schmitt aus Bliesen und Ortwin Englert aus Alsfassen auf nach Saarbrücken, um dort am 1. Saarländischen Burgensymposion teilzunehmen. Es wurde ausgerichtet über den Verein der Gasthörer/innen an der Universität des Saarlandes und fand im großen Saal des VHS Zentrums Saarbrücken am Schloss.

 

Die Begrüßung geschah durch Dr. Hans-Joachim Kühn als Initiator der Veranstaltung und gleichzeitig Vorsitzender im o.a. Verein. Er gab weiter an Rüdiger Mertens, Vorsitzender der Landesgruppe Rheinland-Pfalz/Saarland der Deutsche Burgenvereinigung e.V. Letztere hat ihren Sitz auf der Marksburg am östlichen Rheinufer, direkt oberhalb von Braubach gelegen. Er setze eine ernste Miene auf und ließ eine humorvolle Bemerkung fliegen. Er war der Moderator der Vorträge, die am Morgen stattfanden.

 

Mit leichtem oder starken ironischem Unterton gab er die Verhaltensmaßregeln für den Ablauf des Morgens bekannt. Jeder Sprecher hat ca. 25 Minuten Zeit für sein Referat, Überschreitungen werden nicht geduldet. Leute, die sich nicht daran halten, werden rigoros bestraft. Mit den Händen machte er dabei die typische Kopf-ab-Bewegung, ausgeführt mit einem Breitschwert. Wir haben vielleicht geguckt. Aber er kam damit saugut an. Er stellte die einzelnen Vortragenden kurz vor und erteilt stets das Wort mit "Ihre Zeit läuft". Ich kam mir ein bißchen vor wie bei "Dalli-Dalli". Ich hab ihn in einer Pause drauf angesprochen, auch eingedenk meines bevorstehenden Moderatorentums in 14 Tagen auf Schloß Dhaun ("Vertiefende Familienforschung"). Sein Rezept war: nur keine Angst vor den Leuten haben und die Sache mit Humor angehen. Er meinte, mit 100 Leuten - soviele Besucher waren da - ist das viel einfacher als mit 10, denn die neigen zum Diskutieren.

 

Dr. Gesine Jordan, wissenschaftliche Assistentin am Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte der Universität des Saarlandes, sprach ein weiteres Grußwort, das sich ob seines Inhalts wohltuend von üblichen Grußworten abhob, die sich gemeinhin ein Politiker oder Bürgermeister o.ä. bei einer solchen abringt.

 

Relativ pünktlich um halb zehn begann Dr. Christel Bernard ihren Vortrag mit dem Titel "Die Auswertung der Keramik saarländischer Burgen als Quelle vielfältiger Informationen". Gleich zu Beginn gab sie bekannt, daß sie keine Ergebnisse präsentieren will und kann. Sie hatte ihren Vortrag mit Powerpoint aufgearbeitet und hielt sich auch mit ihren Ausführungen streng an den Text, den sie dort an die Wand warf, eigentlich schon ein bißchen zu streng, denn außer dem, was dort an der Wand stand, gab sie nichts bekannt. Mir schien, als sei sie extrem vorsichtig mit dem, was sie durch Untersuchungen festgestellt hatte und nun bekannt gab. Sie ließ keinen Spielraum für Spekulationen. Allerdings konnte ich bei dem Vortrag feststellen, daß sie der Kontakt sein könnte, den ich im Saarland hinsichtlich unserer bei den Grabungen auf unserem Grundstück gefundenen Scherben nicht-römischer Art schon seit fünf Jahren suche.

 

Ihre Nachfolgerin Constanze Schiene, Grabungsleiterin bei den Ausgrabungskampagnen an der Burg in Püttlingen 2002 und 2003, war da offenherziger. Sie erläuterte - ebenfalls power-point-unterstützt - die Fundsituation dieser quadratischen Niederungsburg, von der vor Grabungsbeginn nichts zu sehen war. Eine Niederungsburg heißt übrigens so, weil sie in einer Niederung, also einem tiefgelegenen Gelände, liegt. Begriffe dieser Art wurden voraugesetzt; wobei die Tatsache, daß niemand sie in Frage stellte oder danach fragte, nicht unbedingt heißt, daß jeder sie kennt. Das hab ich schon des öftern gemerkt ("tschuldigen Sie" - so die Frage an einen Nebenmann in einem anderen Seminar, der aussieht, als ob er sich auskennt - "was heißt denn …?" - "äh, keine Ahnung" war öfters die Antwort, als ich mirs so gedacht hatte). Ein oder zweimal gab Frau Schiene auch Möglichkeiten wieder, da sich aus der Fundsituation einfach sonst nichts ergab. Ihre Quittung dafür bekam sie prompt in der anschließenden Fragerunde - vor allem aus der linken Ecke des Saales. Aber diese vorsichtigen Spekulationen brachten mir als Laien natürlich mehr als die Aufzählung reiner Fakten, die ich vermutlich nicht oder nur falsch interpretieren könnte oder würde.

 

Dr. Reinhard Friedrich stellte anschließend die Burg Bomersheim nahe Oberursel in Hessen vor, die als ein mit Püttlingen vergleichbarer Befund angesehen wird. Im Gegensatz zu Püttlingen war sie rund. Die Archäologen von Bomersheim sind zudem in der glücklichen Lage, daß die schriftlichen Quellen das relativ kurze Leben der Burg relativ genau bestimmen lassen. Auf jeden Fall ihr Ende. Die Bomersheimer gerieten nämlich Ende des 14. Jahrhunderts mit der Stadt Frankfurt in Streit, worauf die Burg 1382 von den Frankfurtern angegriffen, erobert und geschleift, also systematisch platt gemacht wurde. Ein großer Teil der Trümmer landete dabei im umgebenden Burggraben und wurde dort bei den Ausgrabungen wiedergefunden. Allein die Masse der Scherben aus Gebrauchsgegenständen muß immens sein. Also wohl genau die Situation, die sich jeder Archäologe wünscht.

 

Um 11 Uhr ging es wieder nach Püttlingen, wo Dr. Hans-Joachim Kühn über die Geschichte der Burg in Püttlingen nach archivalischen Quellen referierte. Jetzt bin ich meines Wissens noch nie in Püttlingen gewesen und kenne den Ort demnach nicht. Und auch hier - wie schon in Frau Schienes Vortrag - vermißte ich eine aktuelle Ortsansicht. Alte Ansichten und Pläne gab es zuhauf, auch zeigte Dr. Kühn die Darstellung der Burg in Trümmern auf diversen älteren Plänen aus dem späten 18. und dem 19. Jahrhundert. Während des Vortrages fragte ich mich allerdings, warum er die Naudin-Karte nicht gezeigt hatte - nunja, ich hab eben nachgeschaut, und wenn ichs richtig sehe, ist dort nix drauf :-)  Während Herr Dr. Kühn über den sog. Hexenturm sprach, den er als Bestandteil der alten Burg ansah, erinnerte ich mich an Frau Schiene, die eigentlich diese Möglichkeit in der Fragerunde verworfen hatte (wenn ich mich recht erinnere).

 

Andere hatten das wohl auch so gesehen, und so entspann sich später auf dem Nachhauseweg eine recht lebhafte Diskussion über das Zusammenarbeiten von Archäologen und Historikern, die wohl nicht immer so ist, wie sie eigentlich sein sollte. Das war mir am Nachmittag schon bei der Führung im Burggraben aufgefallen, als der Führende - Dr. Roth - als Archäologe die Situation vor Ort in- und auswendig kannte, aber in Fragen der Historie, die den gleichen Ort betraf, das ein- oder andere Mal auf das Wissen eines Historikers in der Gruppe zurückgreifen mußte resp. dort zur Sicherheit nachfragte. Mir kam dabei ein Spruch ins Gedächtnis, den mir ein Archäologe mal sagte, als ich ihn drauf hinwies, daß im örtlichen Katasteramt Pläne lägen, die möglicherweise Hilfe böten bei der Bewertung eines archäologischen Fundes. Er sagte: "Wir gehen nicht in Archive." Ich fand die Bemerkung damals recht dumm, aber heute frage ich mich, ob sie nicht symptomatisch ist. Hoffentlich nicht. Sonst arbeiten zwei verwandte Berufsgruppen, die nur jeweils andere Werkzeuge benutzen, gut und gern aneinander vorbei. Wär schade.

 

Im letzten Vortrag des Morgens führte Carsten Geimer von der Uni Saarbrücken, von dem ich voriges Jahr auf der Uni einen super-Vortrag über Verteidungsanlagen in Zusammenhang mit Burgen gehört und gesehen hatte, neue Forschungsergebnisse zur Burg der Herren von Kerpen in Illingen als Wohn- und Wehrbau vor. Schon damals war mir aufgefallen, wie geschickt Herr Geimer die neuen Medien wie z.B. Powerpoint einsetzt, in dem er sie nicht nur für einfache Präsentationen einsetzt, sondern ihre Möglichkeiten ausnutzt, in dem er Bilder einlaufen läßt und bestimmte Bereiche markiert, die er während seines Vortrages gerade anspricht. Das macht bei einem solchen Vortrag richtig was her.

 

Zu Mittag aßen wir im Cafe des VHS-Zentrums, wo das morgens Gehörte und Gesehene munter diskutiert wurde. Mittags stand eine Führung auf dem Programm, und zwar unmittelbar vor dem Saarbrücker Schloß durch 2005 freigelegten Festungsgraben "mit Südwestbastion und Verlies des Renaissanceschlosses Saarbrücken". Die Teilnehmer wurden in drei Gruppen eingeteilt zu je maximal 30 Personen. Mehr dürfen auf einmal nicht rein, das hat etwa mit der Belüftung dort unten zu tun (wobei ich das nicht ganz verstanden habe, denn mir schien ob der riesigen Räume dort unten Sauerstoff genug für alle da zu sein; aber da gibt’s sicher genug Leute, die das sehr viel besser wissen als meine Wenigkeit). Wir hatten uns für die letzte Führung entschieden, die um viertel vor drei begann. Der Archäologe, Dr. Emanuel Roth, den ich von früher her kannte (er war 1992 unser Ansprechpartner gewesen, als ich mit einigen Freunden die Geschichte der St. Annenkapelle im Bereich des heutigen Golfplatzes St. Wendel - damals noch Militärgelände - erforschte), führte uns durch die riesige und m.E. sehr beindruckende Anlage und brachte durch seine Erläuterungen etwas Farbe in die etwas düstere Atmosphäre. Vor allem beindruckt hat mich zu sehen, was mit mit gutem Willen, viel Geld und Rückhalt durch die hohe Politik zustandebekommen kann.

 

Natürlich schafften wir es nicht, bis halb vier wieder im Hörsaal zu sein, und so kam uns Dr. Kühn auf halbem Wege entgegen. Wir spekulierten, wem Herr Steffens ob unseres Zuspätkommens als erstes die Rübe entfernen lassen würde - Dr. Roth oder Dr. Kühn -, aber groß war unsere Enttäuschung, als wir erfuhren, daß der Meister der Drohungen die Veranstaltung schon gen Rhein verlassen hatte. Wir fühlten, daß uns da etwas entgangen war. Aber die Enttäuschung hielt nicht lange an, denn nun stellte uns Francois Fasel (sprich: Fassell), der Vorsitzende des Burg- und Heimatvereins Frauenberg an der unteren Blies, seinen Heimatverein vor. Er stellte zunächst klar, daß er kein Historiker sei, dafür habe er seine Spezialisten; aber die hätten ihn heute mittag im Stich gelassen, weshalb er die Präsentation selbst durchführte. Zunächst wußte ich nicht, was sein Vortrag überhaupt mit dem Thema zu tun hatte, und dieser Eindruck verstärkte sich, als statt der erwarteten Fotos der Ruine Frauenberg, deren Erhaltung, Restaurierung, Erforschung und touristischen Nutzung der Verein sich auf die Fahne geschrieben hat, Fotos von Grillfesten und Ausflügen des Vereins gezeigt wurden. Aber als M. Fasel eine Zahle an die Wand warf, nämlich die Höhe des Betrages in Euro, den er von der örtlichen Politik für die ersten Maßnahmen an der Burg haben wollte, über 650.000 Euro, da wurde mir klar, daß er trotz seines ständigen Lächeln und seiner vergnügten Miene ein knallharter Verhandlungspartner war. Und mir wurde auch klar, daß er über kurz oder lang sein Geld erhalten würde. Ein langer und lauter Applaus war ihm sicher.

 

Den zweiletzten Vortrag des Tages, den Dr.-Ing. Stefan Ulrich über neue Untersuchungsergebnisse vom Schloßberg in Homburg hielt, hab ich leider nicht mitbekommen, da sich mein Magen zu Wort meldete (natürlich nur bei mir) und mich aufforderte, mich um ihn zu kümmern. Irgendwas beim Mittagessen hab ich wohl nicht vertragen. Ich kam erst zum Schluß des Vortrages wieder hinzu, um dann aber immerhin eine Frage mitzubekommen, die Herr Ulrich mit großer Begeisterung beantwortete, wohl wissend - und dies auch laut verkündend - daß er sich damit zumindest in Homburg nicht unbedingt Freunde machen würde.

 

"Was hat denn die Burg auf dem Schloßberg mit den Schloßberghöhlen zu tun?" lautete die Frage. Hm, eigentlich beantwortet hat er sie doch nicht. Aber er nahm das Wort "Schloßberghöhlen" mit Begeistung auf. Das seien gar keine Höhlen, sondern Stollen. Höhlen hätten per Definition einen natürlichen Ursprung, während die sog. Schloßberghöhlen ergraben wurden, um Sand zu gewinnen. Der ließ sich besonders gut für die Glasgewinnung verwenden. Im Laufe der Zeit wurden die verschiedenen Löcher miteinander verbunden, woraus sich das heutige Bild ergibt. Auch hätten sie nicht 12 Geschosse, sondern nur drei. Alles andere habe man sich nur ausgedacht. Es seien auch niemals mehr als drei gewesen. Und von wegen der kilometerlangen Ausdehnung - nun ja, 160 Meter in der einen und 60 Meter in der anderen Richtung (sorry, kann sein, daß ich jetzt die Zahlen falsch wiedergebe, aber so hab ichs in Erinnerung). Das wars. Vielleicht, wenn man einen langen Bindfaden nehme und um jede der Windungen rumliefe und alles zusammenrechne, dann käme man vielleicht auf einen Kilometer …

 

Jürgen Keddigkeit vom Institut für Pfälzische Geschichte und Volkskunde in Kaiserslautern war der letzte Redner des Tages und profitierte - laut eigener Aussage - davon, daß er keinen Fachvortrag halten mußte, sondern mehr oder minder frei Schnauze erzählen konnte. 17 Jahre gibt es nun schon das Pfälzische Burgensymposion, an dem sich die Initiatoren des 1. Saarländischen ein Beispiel nahmen. Aber trotzdem - so gab er zu - sei das 1. Pfälzische als Reaktion auf Ereignisse in Lothringen und im Saarland zurückzuführen, nämlich die dort enstandenen Burgenlexika in den 80ern oder 90ern des vorigen Jahrhunderts. Er schilderte die Entwicklung der Veranstaltungsreihe und wies am Ende noch auf das nächste Pfälzische Symposion hin, daß am Wochenende 31. August auf 1. September stattfinden wird.

 

Interessant fand ich die Definition des Begriffes "Symposion", die er zu Beginn seines Vortrages zum Besten gab: "Saufgelage".

 

Das war allerdings das 1. Saarländische Burgensymposion nicht. Darin waren sich alle Besucher - es waren an die 100 vorangemeldet - und viel weniger dürften es auch nicht gewesen sein, wenn sich auch die Reihen nach der Mittagspause etwas lichteten.

 

Das nächste wird in zwei Jahren stattfinden.

 

[Zwei Jahre später wurden die Vorträge veröffentlicht => file:///D:/download/Beitraege_zum_1.Burgensymposion_59.pdf]

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